Wenn Landtags- oder Bundestagswahlen näher rücken, nutzen Nichtregierungsorganisationen (NGO) die Möglichkeit, Wähler*innen die Wahlentscheidung zu erleichtern. „Wahlprüfsteine“ lautet das Stichwort. Dabei handelt es sich um Anfragen an Parteien zu unterschiedlichen politischen Forderungen. Am Ende entsteht eine Übersicht, die darstellt, in welchem Maße die jeweiligen Parteien im Interesse der Ziele der NGO arbeiten wollen. Dies tat auch die Tierschutzorganisation Peta vor der Landtagswahl im Saarland am 26. März diesen Jahres. Dazu fragte Peta die Positionen verschiedener Parteien zu unterschiedlichen Tierschutzpositionen ab. Darunter das Wildtierverbot in Zirkussen, die Reduktion von Tierversuchen und die Förderung pflanzlicher Ernährung.
In der von Peta erstellten Grafik wurden die Positionen der SPD, CDU, DIE LINKE, der Grünen und der FDP zu diesen Fragen gegenübergestellt. Unter der Grafik heißt es:1
„Von der AfD erhielten wir trotz nochmaliger Nachfrage keine Antwort.“
Darunter fügte Peta an:
„Was Sie tun können
Bitte geben Sie bei politischen Wahlen Ihre Stimme einer Partei, die dem Tierschutz hohe Bedeutung beimisst.“
Peta hatte also auch die Alternative für Deutschland (AfD) für ihre Wahlprüfsteine angefragt, um sie in der Darstellung aufzuführen. Doch auch ohne eine Antwort der Partei lässt dieses Vorgehen Petas wiederholt Zweifel an den, von der Tierschutzorganisation gemachten Erklärungen gegen Rassismus und gegen Nazis2 aufkommen. Peta hält die AfD demnach für eine Alternative, welche sich gleichberechtigt neben anderen Parteien zu diesem Thema äußern konnte.
Mit Blick auf die AfD Saar ist das besonders bemerkenswert, da die innerparteilichen Diskussionen um den saarländischen Landesverband größere öffentliche Aufmerksamkeit erlangten. So war die AfD Saar selbst der Chefin der Nazipartei, Frauke Petry, zu braun.3
Dies war jedoch nicht der erste Fall, in dem Peta die rechte Partei zu ihren Tierschutzpositionen anfragte. Bereits im letzten Jahr bemühte sich die Organisation zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern und zur Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses um eine Antwort der AfD4 Die Kommentierungen waren gleichlautend:
„Von der AfD erhielten wir trotz nochmaliger Nachfrage keine Antwort.“
Die Tierschutzpositionen der AfD sind Peta offensichtlich so wichtig, dass man in diesen Fällen sogar nachhakte. Indyvegan gegenüber wollte sich Peta nicht zu diesem Sachverhalt äußern. Unsere schriftliche Anfrage blieb unbeantwortet.
Was ist das Problem?
Es gibt auch bei den anderen genannten Parteien gute Gründe, für die Wahlentscheidung weit mehr als nur die Positionen zum Tierschutz kritisch zu hinterfragen und zum Gegenstand der Wahlentscheidung zu machen. Doch für Peta ist die schrittweise Abschaffung des Rechts auf Asyl in Deutschland durch die Koalition aus CDU und SPD offensichtlich gleichsam irrelevant für die Wahlentscheidung, wie die faschistischen Ziele der AfD.
Einzelne Tierschützer *innen argumentierten, dass die fehlenden Antworten der AfD bereits deutlich machten, dass diese sich nicht für den Tierschutz einsetze. Das ist falsch, denn die AfD propagiert, wie jede andere Nazipartei auch, Tierschutzpositionen, um diese für ihre Politik zu instrumentalisieren. Hätte die AfD die Anfragen Petas gemäß ihres Wahlprogramms beantwortet, wäre sie mindestens mit einem „Ja“ für die Abschaffung der Wildtierhaltung in Zirkussen und ggfs. einem „Ja“ für die Ablehnung der Haltung von Sauen in Kastenständen und einem „Ja“ für das Verbot der Haltung von „Gift- und Gefahrtieren“ in der Übersicht vertreten gewesen. Auch, wenn die AfD den Tierschutz nicht politisch instrumentalisieren würde, so bliebe es ein untragbares politisches Signal, eine Nazipartei als diskutable Alternative darzustellen.
Eine neonazistische Partei disqualifiziert sich nicht durch fehlende Tierschutzpositionen als „Alternative“. Sie disqualifiziert sich u.a. durch Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus, Chauvinismus, Geschichtsrevisionismus, LGBTQ-Feindlichkeit und Verschwörungsideologien. Wer dazu rät, Wahlentscheidung auf Tierschutzbelange auszurichten und dabei andere, den Menschen betreffende Positionen nicht in den Blick zu nehmen, unterstützt damit die Instrumentalisierung von Tierschutzpositionen für faschistische Ziele. Aus einer „Hauptsache für die Tiere“-Haltung macht Peta mit dieser auf Tierschutz reduzierten Wahlempfehlung ein „Non-Humans-First“.
Peta könnte jeden Wahlkampf als Gelegenheit nutzen, um die eigenen blumigen Bekenntnisse gegen Rassismus in die Praxis zu übersetzen. Die Tierschutzorganisation könnte erklären, dass sie diese Nazipartei nicht anfragen. Sie könnten das mit deren faschistischer Ideologie begründen und in dem Zusammenhang darüber aufklären, mit welchen politischen Zielen sich die AfD (wie auch schon die NSDAP und die NPD) beispielsweise gegen das Schächten und für Bioregionalismus einsetzt.
Die Alternative zur kritiklosen Anfrage der AfD und damit zur Anerkennung als diskutable Alternative ist nicht Ignoranz, sondern ein offensiver Umgang, Aufklärung und unmissverständliche Position gegen rechte Ideologien und gegen all jene, die diese vorantreiben.
Peta grenzt sich weiterhin nur verbal von rechten Ideologien ab. Die gegenwärtige, wie auch die zurückliegende Praxis zeugen von der Offenheit der Tierschutzorganisation nach rechts. Peta machte in den vergangenen Jahren bereits mit der Relativierung des Holocaust5, wiederkehrenden sexistischen Werbekampagnen6, mit der Glorifizierung sexualisierter Gewalt7, Bodyshaming8, der Forderung der Todesstrafe9 für einen Wildjäger, der Zusammenarbeit mit der rechten Tierschützerin Prinzessin Maja von Hohenzollern10 und einer Kondom-Kampagne gegen die Fortpflanzung von Jäger *innen11 auf sich aufmerksam.
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http://www.peta.de/Wahlen-Saarland#.WNREo9LLfK5
http://archive.is/Ildxh ↩ -
http://www.peta.de/linkszupetaaufrechtsextremenhomepages
http://www.petazwei.de/nazis-bitte-weitergehen-hier-gibt-es-nichts-fuer-euch
https://www.facebook.com/PETADeutschland/posts/10153545199658643 ↩ - http://www.spiegel.de/politik/deutschland/saarland-afd-loest-landesverband-nach-extremismus-vorwurf-auf-a-1084085.html ↩
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http://www.peta.de/Wahlen-MVP#.WNRgobhFeHs
http://archive.is/xz8CI
http://www.peta.de/wahlen-berlin#.WNRbJbhFeHs
http://archive.is/ICyqd ↩ -
http://www.projektwerkstatt.de/tierrechte/peta.html
http://www.sueddeutsche.de/panorama/gericht-untersagt-plakataktion-von-peta-der-holocaust-auf-ihrem-teller-bleibt-verboten-1.1517638
https://www.tierbefreier.de/tierbefreiung/53/nazisundtierrechte.html ↩ -
http://indyvegan.org/traditionen-durchbrechen-nicht-mit-peta/
http://www.kweens.de/2011/02/02/peta-werbung-von-tieren-gemuse-und-sexismus/
http://www.bpb.de/apuz/75822/kontrovers-und-sexy-kampagnen-der-tierrechtsorganisation-peta?p=all
http://vollvegan.blogspot.de/2011/08/peta-porno.html
http://www.peta.de/haende-weg-von-den-bunnys#.VxlSJjGYG9A ↩ -
http://viruletta.blogsport.de/2012/02/28/sexismus-gegen-tierausbeutung/
http://kopfkompass.de/2012/03/ein-radiointerview-uber-veganismus-sexismus-pr-richtig-uber-peta/ ↩ -
http://veganfeministnetwork.com/vegan-body-shaming-analyzing-the-evidence/
https://munchies.vice.com/de/article/peta-says-eating-chicken-will-give-your-kid-a-tiny-dick
http://www.huffingtonpost.com/2013/12/03/peta-plan-v-campaign_n_4377585.html
http://theweek.com/articles/455240/peta-now-fatshaming-women-into-vegan-diets ↩ -
http://indyvegan.org/peta-fordert-todesstrafe-fuer-loewen-jaeger/
http://www.sueddeutsche.de/panorama/polizeischutz-fuer-us-grosswildjaeger-tierschuetzer-drohen-mit-dem-strick-1.2589026 ↩ - https://www.facebook.com/indyvegan/photos/a.695041657270078.1073741828.694947570612820/1097037297070510 ↩
- http://indyvegan.org/kondome-fuer-jaeger-peta-adaptiert-npd-kampagne/ ↩
Der Beitrag Alternative für Peta erschien zuerst auf Indyvegan.