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Voelkel beendet Barcode-„Entstörung“

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Im März 2015 berichteten wir in unserem Artikel „Entstörung der Barcode-Verschwörung“ über die pseudowissenschaftliche Praxis einiger Unternehmen, die EAN-Codes auf ihren Produkten zu „entstören“. Der Getränkehersteller Voelkel erklärte nun, diese Praxis beendet zu haben.

Infolge besorgter Kund*innen-Anfragen versahen einige Unternehmen die Barcodes auf ihren Produkten mit Querstrichen und bestärkten diese Kund*innen damit in der unbegründeten Angst, Barcodes könnten negative Energien, Schwingungen oder Strahlungen absorbieren und an die darin verpackten Produkte abgeben, wenn diese nicht „entstört“ würden.

Wir haben die aktuellen öffentlichen Diskussionen um die Barcode-„Entstörung“ bei Lammsbräu1 zum Anlass genommen, alle auf unserem Infochart (Stand 22. Juni 2016) verzeichneten Unternehmen den Motiven und dem zukünftigen Umgang mit diesem Thema zu befragen. Dazu haben wir 14 Unternehmen angefragt. Zwei reagierten auf unsere Anfrage.

Schluss mit dem Querstrich bei Voelkel

In diesem Zusammenhang teilte uns die Bio-Kelterei Voelkel mit, dass man sich „bereits vor einigen Monaten“ dazu entschieden habe, die Querstriche wieder von den Produktverpackungen zu nehmen. Das Unternehmen erklärte dazu gegenüber Indyvegan:

„Wir möchten betonen, dass unserem Unternehmen keine wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dem Thema vorliegen und wir dem Phänomen absolut neutral gegenüberstehen. Wir haben, wie viele andere Bio- und Demeter-Hersteller auch, angenommen, dass der sogenannte „Entstörer“ niemanden wirklich stört, der nicht daran glaubt – für manche Menschen aber wichtig ist. Uns erreichten nach der Umsetzung jedoch zunehmend Kundenwünsche, die nahelegen, dass diese Annahme nicht richtig war.“

Auf die Frage, in welcher Verantwortung sich das Unternehmen sieht, wissenschaftlich fundierte Positionen zu vertreten, erklärte Voelkel:

„Neutralität zu diesem Thema bedeutet aus unserer Sicht heute, auf den Strich zu verzichten. Auch möchten wir möglichen Verschwörungstheorien keine Plattform auf unseren Etiketten bieten, und so haben wir uns bereits vor einiger Zeit dazu entschieden, den Strich durch den EAN-Code wieder zu entfernen.“

Warum das Unternehmen seine Kund*innen nicht darüber aufklärt, dass es keine wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt, die eine Angst vor nicht-„entstörten“ Barcodes beründen würden, wollte uns Voelkel nicht beantworten. Dazu hieß es:

„Viele Menschen haben unterschiedliche Lebenseinstellungen und -vorstellungen, eben das lässt unsere Welt so reich und vielfältig sein. Ebenso mannigfaltig sind auch unsere Saftliebhaber, auf deren Wünsche wir gerne Rücksicht nehmen.“

Da Voelkel Vertragspartner des anthroposophischen Verbandes Demeter ist und einzelne Produkte nach den Grundsätzen der pseudowissenschaftlichen „biodynamischen Landwirtschaft“ herstellt, hoffen wir, dass das Unternehmen dies zukünftig ebenso kritisch hinterfragt. Nicht zuletzt auch, weil die Grundsätze der „biodynamischen Landwirtschaft“ Tierhaltung in Demeter-Betrieben, sowie die Verwendung von Tierteilen als Düngemittel vorschreiben.2

Rabenhorst und der „besondere Kundenservice“

Das zweite Unternehmen das auf unsere Anfrage reagierte, war der Safthersteller Rabenhorst. Dieser ließ den Großteil unserer Fragen unbeantwortet und erklärte:

„[…]Jetzt mag es für viele seltsam anmuten, dass ein kleiner Strichcode auf einem Produkt irgendetwas an dem Produkt verändert. Viele Menschen (und wenn Sie diesen Begriff einmal googeln, werden Sie überrascht sein) glauben daran oder sehen dahinter zumindest eine Einschränkung der Qualität der Produkte. Das Angebot einer Lösung für diese Mitmenschen ist ein Querstrich durch den EAN Code, der andere Mitmenschen weder behindert noch schädigt (im Grunde interessiert es viele nicht, ob die Produkte einen Querbalken im Code haben oder nicht). Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Wirkung wissenschaftlich nicht erwiesen ist. Wir sehen darin einfach einen besonderen Kundenservice.“

Fazit

In den Begründungen der Unternehmen, bezogen auf die Praxis der Barcode-„Entstörung“ finden sich zwei wiederkehrende Argumentationslinien. So versuchen sich die Unternehmen stets als „neutral“ zu präsentieren. Für einige Unternehmen heißt das, Strichcodes nicht durchzustreichen, da es keine wissenschaftliche Begründung dafür gibt, für andere Unternehmen bedeutet gerade das Durchstreichen Neutralität. Gleichzeit wurde von einigen Unternehmen argumentiert, dass ein Querstrich durch die Barcodes Kund*innen, die nicht daran glauben, nicht schade. Die Verantwortung gegenüber verunsicherten Kund*innen, diese aufzuklären, statt sie in ihren unbegründeten Ängsten zu bestätigen, wird dabei leider nicht in den Blick genommen und hinter Gewinninteressen gestellt. Eine Pressemitteilung zu der Entscheidung Voelkels gibt es bisher nicht. Die Aufklärung verunsicherter Menschen durch das Unternehmen wäre zu begrüßen. Nachdem der Tee- und Gewürz-Hersteller Sonnentor bereits 2013 Abstand von der „Entstörung“ nahm3, wird vielleicht auch die Entscheidung Voelkels zu einem Signal an andere Unternehmen, diese pseudowissenschaftliche Praxis einzustellen.

Uns erreichen stetig weitere Hinweise zu Unternehmen, die ihre Barcodes durchstreichen. Wir haben Voelkel von unserem Infochart gestrichen und werden es fortlaufend aktualisieren.

Übersicht Barcode Verschwörung Entstörung

Der Beitrag Voelkel beendet Barcode-„Entstörung“ erschien zuerst auf Indyvegan.


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