Wir haben 4,90 € für das aktuelle Veganmagazin ausgegeben und Erstaunliches entdeckt. Im aktuellen Heft des Veganmagazins findet sich ein Interview mit dem Rechtsesoteriker und Verschwörungsideologen Rüdiger Dahlke. Das Heft mit den kleinen Buchstaben, herausgegeben von dem Tierschützer Christian Vagedes, gerät wiederholt aufgrund fragwürdiger Inhalte in die Diskussion. Ein Beitrag über fehlende Berührungsängste nach rechts, über Sexismus, Schleichwerbung und über die angeblich fehlende Nachweisbarkeit von Viren und elektrischem Strom.
Paul Watson & Sea Shepherd
Zuletzt war es ein Feature des rechtsoffenen Tierschützers Paul Watson in der Ausgabe vom Oktober 2015 das für Kritik sorgte. Insbesondere die enge Zusammenarbeit von Watsons Meeresschutzorganisation Sea Shepherd mit der rechtsradikalen Tierschützerin Brigitte Bardot und ihrer Stiftung sehen viele Tierrechtsaktivist*innen als einer der Gründe, diese Organisation nicht zu unterstützen.1
Rüdiger Dahlke
Das aktuelle Heft präsentiert den Arzt und Esoterik-Scharlatan Dr. Rüdiger Dahlke als seriöse Instanz in gesundheitlichen Fragen, in einem Interview über vegane Säuglingsnahrung, . Neben einigen wirklich sinnvollen und teilweise fachlich richtigen Anmerkungen von Herrn Dahlke, findet sich dort vor allem Werbung für seine Bücher und Seminare, deren Nennung von Dahlke auf unterschiedlichen Wegen herbeigekrampft wird. Schönstes Beispiel:
„Persönlich erlebe ich in meiner Ärtztausbildung Integrale Medizin, an der inzwischen jeder Interessierte teilnehmen kann, schon große und ständig noch zunehmende Offenheit für das Thema »vegan«.„
Am Ende des Interviews erfahren wir, wie es um den „Schaden“ für die Figur der stillenden Frau bestellt ist. Um diesen müsse man sich keine Sorgen machen, denn Mütter die „mit Hingabe und Überzeugung“ stillen, seien davon nicht betroffen. Nicht genug, dass Dahlke hier esoterisches Geschwurbel mit der Fortschreibung des sexistischen und gleichsam lookistischen Frauenbildes, vom niemals alternden Frauenkörper kombiniert. Im letzten Teil dieses Absatzes legt er nach und erzählt die Geschichte von einer leiblichen Mutter von 6 Kindern und „ihrer fabelhaften Figur die Männer in Seminaren regelmäßig nervös macht“. Am Ende das Artikels findet sich unter „Literatur zum Thema“ eine Auflistung dreier Bücher Dahlkes sowie ein Link zu seinem Onlineshop. Dort verkauft Dahlke neben seinen Büchern eine Reihe von wirkungslosen, teilweise sehr teuren Esoterikprodukten. Dieses zum Beispiel:
Bei der GeoWave-Welle handelt es sich um ein Wellblech, welches das „Biofeld“ des Menschen und die „Funktion der Chakren“ positiv beeinflussen soll.2 Von der Redaktion geschätzte Material und Produktionskosten: 30 €. Im Webshop von Rüdiger Dahlke finden sich weitere, ähnliche Produkte.
Dem „Chuck Norris der Feinstofflichkeit“, verlieh die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e.V. (gwup) im Jahr 2013 das „Goldene Brett“ für sein Lebenswerk.3 Neben der „Reinkarnationstherapie“, vertritt Dahlke eine Reihe von fragwürdigen, zum Teil schwer gesundheitsgefährdenden Therapieformen wie beispielsweise das „Lichtfasten“. Der menschliche Körper soll demnach in der Lage sein, seinen Energiebedarf allein durch Licht decken zu können. Dahlke, der außerdem Anhänger der Chemtrail-Verschwörungsthese ist, glaubt zudem an eine staatliche Manipulation der „Mainstreammedien“ und solidarisierte sich mit der Montagsquerfront4 sowie mit dem Reichsbürgerideologen Xavier Naidoo.5 Von Mobbing betroffene Menschen hält Rüdiger Dahlke für „Wahnsinnig“.6 Zuletzt machte Dahlke mit einem fremdenfeindlichen Text auf seiner Facebook-Seite auf sich aufmerksam.7
Die Vegane Gesellschaft Deutschland und die Esoterik
Die Organisation mit dem irreführenden8 Namen Veganen Gesellschaft Deutschland e.V., deren Vorstand der Veganmagazin-Herausgeber Christian Vagedes ebenfalls ist, bewirbt auch dieses Heft auf ihrer Facebook-Seite.9 Zu der dort aufkommenden Kritik an diesem Interview erwiderte die Organisation unter anderem:
„man sollte mit begriffen wie »esoterik« nicht so um sich werfen. denn mit einem solchen begriff ist es wie mit anderen. es gibt scharlatane und es gibt leute, die eine interessante botschaft haben.“(sic!)10
Auf den Einwand einer Facebook-Nutzerin, Esoterik beginne dort, wo Aussagen nicht verifizierbar seien, beantwortete die VGD:
„dann ist ja die die virologie demnach esoterik? und eine chemotherapie ist eine esoterische behandlungsmethode bei krebs? denn so richtig »verifizierbar« ist das alles nicht. selbst elektrischer strom wäre demnach »esoterik«, denn vieles davon können wir noch immer nicht erklären. mit solchen vermeintlichen »argumenten« kann man sich zwar »schön« streiten, mit einer sachlichen debatte hat das alles aber nichts zu tun. „(sic!)11
Demnach sei die Wirkung von Chemotherapien, die Existenz von Viren und elektrischer Strom nicht „so richtig verifizierbar“. Aus wissenschaftlicher Sicht ein großer Nonsens, mit dem die VGD versucht, esoterische Therapiemethoden wie das „Lichtfasten“ aufzuwerten.
Weitere Unterstützer*innen Dahlkes
Der Präsident der Schweizer Organisation Swissveg, Renato Pichler, der wegen seiner öffentlichen Solidarisierung mit dem verurteilten Antisemiten Erwin Kessler und seiner Zusammenarbeit mit der Sekte „Universelles Leben“ in der Kritik steht12, veröffentlichte im September letzten Jahres ein gemeinsames Buch mit Rüdiger Dahlke. Der Titel: „Veganize your Life“13 Auch der Vegetarierbund (VEBU) warb bis vor kurzem noch auf seiner Startseite mit Rüdiger Dahlke als „Unterstützer“.14 Die Frage, warum man sich beim VEBU kürzlich entschied, nicht mehr mit Dahlke zu werben, wollte uns der VEBU schriftlich nicht beantworten.
Fazit
Für das Veganmagazin hingegen scheinen Esoterik, Verschwörungsideologien und Rassismus „interessante Botschaften“ zu sein. Auf unsere schriftliche Anfrage erhielten wir keine Antwort von der Veganmagazin-Redaktion. Rüdiger Dahlke darf sich also weiterhin einer soliden Unterstützung durch das Veganmagazin sowie durch den Präsidenten der größten Schweizer Tierschutzorganisation Swissveg gewiss sein. Diese verhelfen gefährlichen, pseudowissenschaftlichen Behandlungmethoden, esoterischer Desinformation, Verschwörungsideologien und rassistischen Ansichten zu weiterer Reichweite und Popularität.
Durchgeblättert. Worüber wir sonst noch stolperten.
Gleich auf den ersten Seiten erscheint ein wohlwollender, unkritischer Beitrag über die prominente Tierschützer Prinzessin Maja von Hohenzollern und ihre neue „geschlechterspezifische […] Tier-Lifestyle-Kollektion“ für Hunde, Katzen und Nager mit dem Titel „Tierische Prinzen & Prinzessinnen“. Unkritisch deshalb, weil bereits ein kurzer Blick auf das Facebook-Profil der Prinzessin fragwürdige Inhalte offenbart.
Frau von Hohenzollern, die sich nicht ganz zufällig besonders gegen das Schächten einsetzt15, offenbart dort ihr Verhältnis zum Islam:16
Auch verlinkt sie auf ihrer Seite die rechtsradikale Webite „DeutschInfo“.17 Von Hochenzollern folgt darüber hinaus der rechten, islamfeindlichen Seite „Achse des Guten“, der rechtsradikalen Seite „Anonymous.Kollektiv“ sowie der antisemitischen Verschwörungsseite „World Truth.TV“. Man fragt sich, warum ein Magazin mit dem Anspruch, seriöse Arbeit abzuliefern, eine solche Person vollkommen unkritisch bewirbt.
Neben einigen informativen, bemerkenswerten und weniger bemerkenswerten Artikeln, fiel uns eine Menge nicht gekennzeichneter Werbung auf. Der Aufmacher auf dem Titelblatt verweist beispielsweise auf eine „Forschungssensation“. Wer trotz dieser reißerischen Headline einen neutralen Artikel über neue Forschungsergebnisse erwartet, wird mit redaktioneller Werbung enttäuscht, die das Magazin nicht als solche gekennzeichnet hat. Auch die Modestrecke, die Kosmetiktipps oder die veganen Style-Empfehlungen für Silvester 2015 sind im Corporate Design des Magazins gehalten und nicht als Werbung (in dem Fall Productplacement) gekennzeichnet. Aus unserer Sicht handelt es sich in diesen Fällen um Schleichwerbung. Ein besonders bemerkenswerter Fall ist dabei die Anzeige der Firma „Bedda“. Denn der vegane Frischkäse ist, ebenso wie die VGD, das Kind von Christan Vagedes und ist grafisch entsprechend ähnlich aufgemacht.
Neben der Modestrecke mit Models, die den gängigen Schönheitsidealen entsprechen, wird auf Seite 82 noch einmal nachhaltig an das Frauenbild von Rüdiger Dahlke angeknüpft. Katharina Kuhlmann präsentiert: „das schnelle festtagsmenü von mamis für die ganze familie“.
Erika Gartman präsentiert uns ab Seite 115 ein großes Geschwurbel aus naturalistisch fehlgeschlossener Gesellschaftsutopie, KZ-Tierausbeutungs-Analogien und einer Aufforderung, wir sollten „nicht mehr die Tabletten schlucken, die die Medizin bereithält, uns zu sedieren.“, uns auf die „Naturmedizin“ besinnen und „uns aufraffen, das Großkapital aufzulösen“. Richtig, nicht den Kapitalismus, sondern das „Großkapital“. Diese originär antisemitische Variante einer Kapitalismuskritik, die keine ist, zieht sich durch den gesamten Beitrag.
In einem erklärenden Text wirbt Mahin Klosterhafen, Geschäftsführer der Tierschutzorganisation Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt für den reformistischen Ansatz und setzt sich gegen einen Ausschluss von Reformer*innen von einigen Tierrechtsveranstaltungen ein. Ein Text den man bis zum Ende als eine Einladung zum Dialog verstehen könnte. Bis Klosterhafen Tierrechts- und Tierbefreiungsaktivist*innen eine „Ideologie“ unterstellt. Schade.
Auf der vorletzten Seite wirbt das esoterische Dating-Portal Gleichklang. Die Seite bietet ihren Kund*innen gegen Bezahlung ein Datinginterface mit dem grafischen Charme des Internets von 1999 und erwartet unter den Leser*innen des Veganmagazins offenbar eine nennenswerte Anzahl potenzieller Kund*innen. Mit Blick auf einen Teil der Inhalte erscheint das nachvollziehbar.
Herr Vagedes, es tröstet uns ein wenig, dass Berichte über Lebenshöfe und über Aspekte der Tierbefreiungsbewegung auch noch Platz finden, in ihrem sonst eher auf Konsum, Gesundheit und Beauty orientierten Heft. Sollte es ihre bewusste Strategie sein (was wir für unwahrscheinlich halten), Menschen über diese Themen an die Tierbefreiungsbewegung und an Tierrechtsfragen heranzuführen, so wäre das vielleicht eine Idee, die in diese Zeit und die dazugehörige Marktlogik passt.
Schmeißen sie doch die Esoterikschwurbler*innen, rechtsoffenen Tierschützer*innen, die verschwörungsideologischen Töne, die Pseudowissenschaften und KZ-Analogien aus dem Heft. Dann noch das mit der Groß- und Kleinschreibung, durchgängig gekennzeichnete Werbung und vielleicht mehr Artikel über praktische und theoretische Tierethik und Tierrechtsproteste. Ersetzen sie doch die Mode- und Kosmetiktipps für Frauen wenigstens mit Kleidungs- und Kosmetikempfehlungen für Menschen jeden Geschlechts. Und buchen sie Models, die sich nicht durch Körpermaße sondern vielleicht durch Tierrechtsengagement auszeichnen. Oder einfach dadurch, dass sie Menschen sind, die unterschiedlich aussehen und von stereotypen Normbildern abweichen. Wie das fast alle Menschen gemeinhin tun. Das Einzige was an ihrem Heft derzeit revolutionär ist, ist die revloutionär anstrengende Kleinschreibung. Sie scheinen vereinzelt auch fähige Redakteur*innen im Team zu haben. Machen sie etwas daraus.
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https://linksunten.indymedia.org/de/node/129770
https://linksunten.indymedia.org/de/node/139366
http://akduell.de/2013/04/sea-shepherd-zwischen-reality-tv-und-rassismus-vorwurfen/ ↩ -
https://www.psiram.com/ge/index.php/GeoWave-Welle
http://www.donotlink.com/hvyy ↩ - http://blog.gwup.net/2013/11/29/das-goldene-brett-2013-fur-rudiger-dahlke-und-die-homoopathen-ohne-grenzen/ ↩
- https://www.youtube.com/watch?v=r_Vq8-jK0Qg ↩
- https://www.facebook.com/ruedigerdahlke/posts/805066136204371 ↩
- http://www.blog.drteuschel.de/wordpress/ruediger-dahlke-mobbing-opfer-sind-wahnsinnig/ ↩
- https://www.facebook.com/indyvegan/photos/a.695041657270078.1073741828.694947570612820/892275167546725/ ↩
- Nach aktuellen Recherchen gibt es entgegen der Behauptungen auf der Website der VGD keine einzige aktive Ortsgruppe des Vereins. Auch agiert die VGD nicht als Interessensverband, wie der Name es vermuten lässt. ↩
- https://www.facebook.com/veganegesellschaft/photos/a.159698390738254.28272.154920631216030/1022345144473570/?type=3 ↩
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https://www.facebook.com/veganegesellschaft/photos/a.159698390738254.28272.154920631216030/1022345144473570/?type=3&comment_id=1022357071139044&comment_tracking=%7B%22tn%22%3A%22R1%22%7D
http://abload.de/img/14-01-_2016_17-44-324hspr.png ↩ -
https://www.facebook.com/veganegesellschaft/photos/a.159698390738254.28272.154920631216030/1022345144473570/?type=3
http://abload.de/img/11-01-_2016_16-12-44k4rgl.png ↩ - http://indyvegan.org/swissveg-toleranz-fuer-antisemitismus-und-sekten-unter-dem-v-label/ ↩
- http://www.randomhouse.de/Buch/Veganize-your-life-Das-grosse-Buch-des-veganen-Lebens-1000-Fakten-zu-Peace-Food/Ruediger-Dahlke/e469737.rhd ↩
- http://abload.de/img/29-11-_2015_23-44-24gzu1z.png ↩
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https://www.facebook.com/maja.prinzessinvonhohenzollern/posts/1248882865128372
https://archive.is/0w1Nl
https://www.facebook.com/maja.prinzessinvonhohenzollern/posts/1252798891403436#
https://archive.is/1VWOA ↩ -
https://www.facebook.com/maja.prinzessinvonhohenzollern/posts/1252798891403436?comment_id=1252800358069956&comment_tracking=%7B%22tn%22%3A%22R9%22%7D
https://archive.is/1VWOA ↩ -
http://abload.de/img/maja-von-hohenzollernp6ju3.jpg
https://archive.is/SbqL9
Der Link wurde mittlerweile entfernt. ↩
Der Beitrag Veganmagazin – Von Rüdiger Dahlke, Sexismus und Schleichwerbung erschien zuerst auf Indyvegan.